Warm ums Herz 

Luzern leuchtet wieder: Zwischen den historischen Häuserzeilen, auf den alten Mauern des Wasserturmes, unter dem KKL-Dach und in den Augen der Besuchenden. Das Lilu Lichtfestival Luzern verzaubert uns dieses Jahr mit mehr Lichtinstallationen, mehr Lichtshows und mehr Minusgraden. Es war kalt – aber schön. Aber kalt. 

Die fünfte Ausgabe des Lilu Lichtfestival Luzern steht für mich ganz im Zeichen des Mondes. Nicht nur wegen der riesigen Mondkugel, welche spektakulär unter dem KKL-Dach hängt und jedem Mami einen beneidenswerten Whatsapp-Status auf dem Silbertablett servierte, sondern weil ich outfittechnisch einem kleinen Mondmenschen glich. Um der polar-ähnlichen Januarkälte zu trotzen, musste ich meinen Kleiderschrank aufs Übelste plündern und zu den fünf Kleiderschichten der letzten Jahre, zwei zusätzliche Wärmeschichten hinzufügen. Dementsprechend dick eingepackt bin ich dann mit meinem Stativ unter dem Arm von Installation zu Installation gewatschelt. Ja gewatschelt. Weil kalt, weil rutschig, weil meine Knie und Ellbogen in der Thermowäsche inexistent geworden sind. 

Doch genug über meinen Astronauten-Anzug lamentiert. Unterhalten wir uns lieber über die bunt leuchtenden, über den See flitzenden oder aus dem Wasser hüpfenden Licht-Installationen. Mit einem neuen Rekord von 24 Installationen, zwei Lichtshows, vier Afterparties und mehreren Gesprächs-Panels, ist das diesjährige Lilu die wohl bis anhin grösste Ausgabe. Da die Installationen relativ breit über die Stadt verstreut sind, bleibt mensch stets in Bewegung und somit auf der wärmeren Seite des Lebens. Mit einem klebrigen Glühwein oder einem leckeren «Hot-Lilu» in den lila-eingefrorenen Pfoten geht’s dann eh nochmal eine Spur ringer. 

Guess who’s back 

Nachdem der Wasserturm letztes Jahr aus Energiegründen dunkel blieb, erhellt er dieses Jahr (zwar mit etwas abstrakten Sujets) wieder das Luzerner Reussufer und die Augen der Festivalbesuchenden. Ein bisher einzigartiges Ereignis ist, dass sowohl der Wasserturm als auch die Jesuitenkirche gleichzeitig von Lichtkunst eingehüllt sind. Das Power-Couple ist 2024 definitiv eines der Lilu-Fotohighlights– auch bemerkbar an der Stativschlacht, welche Abend für Abend rund um die besagten Wahrzeichen stattfindet.

Ein weiteres Highlight ist diskussionslos die Installation «Museum of the Moon» des britischen Künstlers Luke Jerram. Analog zum echten Mond, hat auch die Lichtinstallation unter dem KKL-Dach eine magische Anziehungskraft. Die Spiegelung im Wasser, der immense Durchmesser und der Fakt, dass mensch den Mond fast um das ganze Luzerner Seebecken herum im Blick hat, macht dieses Kunstwerk zu einem meiner liebsten Fotosujets vor der Linse.

Interaktiv durch die Nacht 

Noch mehr Mondenergie gibt es in der Kleinstadt bei den gesellschaftskritischen Yoga-Figuren von «Under Pressure». Zwar übt sich gerade keine der roten Gestalten in der «Halbmond-Pose», aber das « Dreieck» ist dieser Yogapose ziemlich ähnlich. Lassen wir gelten, gäu. Monde flitzen auch über die Peterskapelle, welche die Studierenden der Hochschule Luzern einmal mehr wundervoll animiert haben und über den Torbogen, der einer Goa-Party Konkurrenz macht.  

Wer auf interaktive Installationen abfährt, hat ebenfalls seinen Plausch. Auf dem Mühleplatz rennen Menschen ineinander rein, weil sie derart von den Kreisen zu ihren Füssen fasziniert sind und dabei vergessen nach vorne zu schauen. Künstlerisch austoben kann mensch sich mit Wassermalerei auf dem Kurplatz oder mit ekstatischen Tanzmoves vor der Hofkirche. Auf dem Hirschenplatz gilt es ein rotes Bähnli durch die malerische Bergwelt zu steuern, um zuoberst den Drachen zu besiegen und im Vögeligärtli werden kleine und erwachsene Kinder kurzerhand selbst zum Drachen und flitzen durch die Lüfte der Region Luzern-Vierwaldstättersee. 

Doppelt so viele Emotionen 

Lilu wäre nicht Lilu, ohne die faszinierenden Lichtshows des Zürcher Künstlerkollektivs «Projektil». Dieses Jahr verwandelt sich die Jesuitenkirche mit «Eternity» in eine fliegende Untertasse und entführt die Menschen in die Weiten des Universums. Toppen kann die Lichtshow eigentlich nur noch einer meiner Lieblings-Künstler. Als der deutsche DJ Parra for Cuva die Hook für seinen Song «Cupa Cupa» in Richtung Kirchenbänke loslässt, ist es um mich geschehen. Im Mittelgang sitzend wische ich mir ein Tränchen aus dem Gesicht und bin einmal mehr dankbar, dass das Lilu mich Jahr für Jahr als Fotografin ins Team holt.  

Auch ein DJ-Set macht sich akustisch super in der Jesuitenkirche. Also wohl in jeder Kirche.

Wenn wir schon bei einem Wasserfall an Emotionen sind. In der Matthäuskirche zeigt das international renommierte Künstlerkollektiv «Ocubo» mit «Spiritus» eine zweite eindrückliche Lichtshow am Lilu. Ich muss zugeben, mir gefällt diese Lichtshow einen Tick besser. Mag an der etwas fätzigeren Musik liegen, oder daran, dass die Techniker:innen die Musik höher geschraubt haben. Meine Ohren werden ja auch nicht jünger, gell.

Die Lichtshow ist inspiriert vom Gedicht «Am Ende ist die beste Art zu reisen, zu fühlen» von Álvaro de Campos.

Rosarote Träume 

Besonders gerne verweile ich unter den rosaroten Wolken bei der Luzerner Kantonalbank. Die Installation hat etwas derart Friedliches und Wohlwollendes an sich, dass ich jeweils ein paar Minuten unter dem rosa Himmel stehen bleibe und den Leuten zuschaue, wie sie sich über die fliegenden, plüschigen Wattebäuschchen freuen. «Und über uns ziehen lila Wolken in die Nacht» singen Marteria, Miss Platnum und Yasha in meinen Kopfhörern. Fast schon etwas kitschig denke ich mir und packe melancholisch mein Stativ zusammen. Let’s go home Mondmenschchen.

Lilu 2024 war nicht ohne. Extrem viele Programmpunkte zum Fotografieren, extrem kalte Bedingungen, teilweise unberechenbare Installationen, wie Jumping Fish beim Löwendenkmal oder Ping beim Carl Spitteler Quai, brachten mich ein paar Mal an meine Grenzen. Die Ungewissheit, wann jetzt diese Fische springen oder wann die nächste Lichtwelle kommen würde, strapazierte meine Nerven und meine eingefrorenen Füsschen. Und dann natürlich das omnipräsente Imposter-Syndrom mit: «Kann ich das überhaupt? Was, wenn es dieses Mal nicht hinhaut mit den Bildern?» 

Doch trotz allen Herausforderungen, das Lilu beheimatet einen ganz besonderen Flecken in meinem Herzen. Jahr für Jahr, vermag es mich wieder aus meiner Komfortzone locken, zwingt mich zu neuen Blickwinkeln und Perspektiven und macht mir bewusst, wie schön bunt der Januar eigentlich sein kann.

✨ Lilu ist, wenn mensch sich auf der Seebrücke im Bus die Nase plattdrückt, weil der Wasserturm hell erleuchtet in der dunklen Reuss steht. 

✨ Lilu ist, wenn mensch wieder einmal in die Kirche geht, sich in den Mittelgang legt und sich von Lichtkunst und Musik berieseln lässt. 

✨ Lilu ist der Moment, wenn mensch realisiert, dass Luzern schon eine verdammt geile Stadt zum leben ist.  

✨ Lilu ist, wenns einem von innen warm ums Herz wird. 

Sehr dankbar. Einmal mehr. Danke Lilu und allen involvierten Menschen. Für alles.

Bild mitte: Der Schwan als «paid actor», der das Matterhorn nachstellt.


Mehr Informationen zum Lilu: https://lichtfestivalluzern.ch/


Weiterlesen: Meine vergangenen Lilu-Berichte

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